PURIM – ein Fest der Juden?

Jeder, der sich mit der rabbanitisch-jüdischen Tradition etwas auseinandergesetzt hat, weis von dem Purim-Fest. Man kennt es als ein Fest, zu dem es Süßigkeiten und spezielle Kekse namens Hamantaschen gibt, zu dem in messianisch-jüdischen Gemeinden ein Purim-Spiel veranstaltet wird und sich jeder Jude irgendwie verkleidet. In der rabbanitischen Tradition ist es außerdem so, dass in manchen orthodoxen Kreisen die Kinder an diesen Tag rauchen und die Erwachsenen sich besaufen. An dieser Stelle möchte ich einerseits beleuchten, ob wir überhaupt das Purim-Fest feiern sollen und ob diese Traditionen tatsächlich Gott gefällig sind und praktiziert werden dürfen.

Kurz zusammengefasst, um was es bei Purim geht: Ester, die Nichte von Mordechai wird zur Ehefrau des persischen König Ahasveros. Mordechai wird zu einem Ärgernis für Haman, dem Agagiter, dem ehemaligen König von Amalek, der ein Berater des persischen Königs ist. Haman möchte Mordechai töten und verbindet dies mit einem Geplanten Genozid an allen Juden in Persien. Mordchai erfährt davon und erzählt es Ester. Diese wiederum geht zu ihrem Mann und erwirkt, dass Haman samt seiner Söhne mit dem Tod bestraft werden und die Juden sich in der Nach wehren dürfen, in der das Genozid stattfinden sollte. Das Genozid wird verhindert, die Juden sind siegreich und zum Ende wird gefeiert. Eben dieses Feiern möchte ich gleich zu beginn biblisch beleuchten.

Im zwölften Monat nun, das ist der Monat Adar, am dreizehnten Tag, an dem das Wort des Königs und sein Gebot in Erfüllung gehen sollte, an eben dem Tag, an dem die Feinde der Juden gehofft hatten, sie zu überwältigen, da wendete es sich so, dass die Juden ihre Hasser überwältigen durften. Da versammelten sich die Juden in ihren Städten, in sämtlichen Provinzen des Königs Ahasveros, um Hand an die zu legen, die nach ihrem Verderben trachteten, und niemand konnte ihnen widerstehen; denn die Furcht vor ihnen war auf alle Völker gefallen. Auch alle Fürsten der Provinzen und die Satrapen und Statthalter und die Beamten des Königs unterstützten die Juden; denn die Furcht vor Mordechai war auf sie gefallen. […] So schlugen die Juden alle ihre Feinde mit dem Schwert; sie erschlugen sie, brachten sie um und verfuhren mit ihren Hassern nach ihrem Belieben. […] Das geschah am dreizehnten Tag des Monats Adar, und sie ruhten am vierzehnten Tag desselben Monats und machten ihn zu einem Tag des Gastmahls und der Freude. Aber die Juden in Susan versammelten sich am dreizehnten und vierzehnten Tag dieses Monats und ruhten am fünfzehnten Tag; und sie machten diesen Tag zu einem Tag des Gastmahls und der Freude. Darum machen die Juden auf dem Land, die in den offenen Städten wohnen, den vierzehnten Tag des Monats Adar zu einem Tag der Freude, des Gastmahls und zum Festtag und senden einander Geschenke. Und Mordechai schrieb diese Begebenheiten auf; und er sandte Briefe an alle Juden, die in allen Provinzen des Königs Ahasveros wohnten, in der Nähe und in der Ferne, worin er sie verpflichtete, dass sie den vierzehnten und fünfzehnten Tag des Monats Adar Jahr für Jahr feiern sollten, als die Tage, an denen die Juden vor ihren Feinden zur Ruhe gekommen waren, und als den Monat, in welchem ihr Kummer in Freude und ihre Trauer in einen Festtag verwandelt worden war; dass sie diese feiern sollten als Tage des Gastmahls und der Freude, an denen sie einander Geschenke machen und die Armen beschenken sollten. Und die Juden machten sich das, was sie zu tun angefangen hatten und was ihnen Mordechai vorgeschrieben hatte, zur Gewohnheit. Denn Haman, der Sohn Hammedatas, der Agagiter, der Feind aller Juden, hatte den Plan gefasst, die Juden umzubringen, und hatte das Pur, das ist das Los, werfen lassen, um sie zu vernichten und umzubringen; und als es vor den König kam, befahl dieser durch einen Brief, dass Hamans böser Anschlag, den er gegen die Juden erdacht hatte, auf seinen eigenen Kopf zurückkam, sodass man ihn und seine Söhne an das Holz hängte. Darum werden diese Tage Purim genannt, nach dem Wort »Pur«. Deshalb, wegen alles dessen, was in dem Schriftstück stand, und was sie selbst gesehen und erfahren hatten, setzten die Juden dies fest und nahmen es als Brauch an für sich und ihre Nachkommen und alle, die sich ihnen anschließen würden, dass sie nicht davon abgehen wollten, jährlich diese zwei Tage zu feiern, wie sie vorgeschrieben und bestimmt worden waren. Und so sollen diese Tage im Gedächtnis bleiben und gefeiert werden von Geschlecht zu Geschlecht, in allen Sippen, in allen Provinzen und Städten; sodass diese Purimtage nie verschwinden sollen unter den Juden und ihr Andenken bei ihren Nachkommen nicht aufhören soll. Und die Königin Esther, die Tochter Abichails, und Mordechai, der Jude, schrieben mit allem Nachdruck, um diesen zweiten Brief betreffend die Purim zu bestätigen. Und er sandte Briefe an alle Juden in den 127 Provinzen des Königreiches von Ahasveros, Worte des Friedens und der Wahrheit, um diese Purimtage zu ihren bestimmten Zeiten festzusetzen, wie Mordechai, der Jude, und die Königin Esther ihnen verordnet und wie sie sie auch für sich selbst und für ihre Nachkommen festgesetzt hatten, nämlich die Angelegenheit der Fasten und ihrer Wehklage. Und der Befehl Esthers bestätigte diese Purimpflichten, und er wurde in einem Buch aufgezeichnet.

Esther 9:1-32

Zusammengefasst lesen wir in Kapitel 9, dass die Juden sich am 13. Adar versammelten, begannen ihre Feinde vernichtend zu schlagen und dann am 14. bzw. 15. Adar ihren Sieg feierten. Danach haben die Juden beschlossen, diesen Sieg alljährlich zu feiern, was dann auch durch ein königliches Dekret zu eine Gesetz wurde, so dass die Juden an diesen Tag in Persien nicht arbeiten mussten. Seitdem ist es allen Juden also eine biblische Pflicht, dieses Purim-Fest für zwei Tage, vom 14. bis 15. Adar zu feiern und davor zu fasten.

Müssen nun Juden dieses Fest weiterhin feiern? Meiner Meinung nach ja. Gott hätte verhindert, dass dieses Buch oder dieses Kapitel in der Bibel auftaucht, wenn er nicht gewollt hätte, dass die Juden weiterhin dieses Fest feiern. Aber dürfen oder sollen Nicht-Juden dieses Fest feiern? Ich bin der Meinung, dass Nicht-Juden dieses Fest feiern dürfen und dass es sogar sehr gut ist, wenn sie dieses Fest feiern. Aber schauen wir doch mal, was Paulus dazu sagt.

Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist; auch ist nicht das die Beschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht; sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und (seine) Beschneidung (geschieht) am Herzen, im Geist, nicht dem Buchstaben nach. Seine Anerkennung kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.

Römer 2:28-29

Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Knecht noch Freier, da ist weder Mann noch Frau; denn ihr seid alle einer im Gesalbten Jeschua. Wenn ihr aber dem Gesalbten angehört, so seid ihr Awrahams Same und nach der Verheißung Erben.

Galater 3:28-29

Nehmen wir diese Verse wörtlich, sehe ich tatsächlich nicht nur eine Relevanz, sondern auch eine Obligation für Nicht-Juden, dieses Fest zu feiern. Einziger wichtiger Punkt ist, zu beachten, dass dieses Fest kein von Gott als „sein Fest“ bezeichnetes Fest aus 3. Mose 23 ist, sondern nur eine Art Gedenkveranstaltung zum Dank Gottes, dass er sein Volk vor dem Tod bewahrt hat.

Nun bleibt letztlich nur noch die Frage, wie man dieses Fest feiern soll. Schauen wir uns dafür als erstes die rabbanitischen Traditionen an:

  1. Vollständige Lesung des Buches Ester (Megillat Ester). Kein Wort darf man verpassen, deshalb muss der Vorlesende an den Stellen, an denen die Gemeinde beim Hören des Namens Haman mit Ratschen klappert, rasselt oder sonst Geräusche macht („Haman-Klopfen“, Klopfen auf das Pult, zum Teil mit besonderen Hämmerchen), eine Pause einlegen, bis sich der Lärm gelegt hat.

Nirgendwo im Buch Ester oder in einem anderen Buch der Bibel ist dies geboten. Diese rabbanitische Tradition ist demnach eine Hinzufügung, die unbiblisch ist und nicht praktiziert werden muss. Ich persönlich halte es aber für einen guten Brauch, das Fest als Anlass zu nutzen, um als Familie oder Gemeinde das Buch zu lesen.

  1. Geschenksendungen an den Nächsten oder Freunde („Mischloach Manot“ oder „Schlachmones“). Minimum ist dabei eine Sendung, die mindestens aus zwei verschiedenen Speisen besteht. Die Sendung muss am Feiertag selbst geschickt werden, nicht am Vorabend.
  1. Geschenke für die Armen, „Matanot Laewjonim“. Minimum sind zwei Geschenke an zwei Arme, d. h. ein Geschenk pro Person. Üblich und erwünscht sind Geldspenden.

Diese zwei rabbanitischen Gebote sind zwar nicht wortwörtlich im Buch Ester geboten, jedoch lesen wir von dem Brauch Geschenke zu machen und den Armen zu geben als Bestandteil des Purim-Festes im Buch Ester. Aus diesem Grund halte ich diesen Brauch als sehr biblisch und definitiv auch sehr gut. Das Buch Ester sagt dazu:

Darum machen die Juden auf dem Land, die in den offenen Städten wohnen, den vierzehnten Tag des Monats Adar zu einem Tag der Freude, des Gastmahls und zum Festtag und senden einander Geschenke. Und Mordechai schrieb diese Begebenheiten auf; und er sandte Briefe an alle Juden, die in allen Provinzen des Königs Ahasveros wohnten, in der Nähe und in der Ferne, worin er sie verpflichtete, dass sie den vierzehnten und fünfzehnten Tag des Monats Adar Jahr für Jahr feiern sollten, als die Tage, an denen die Juden vor ihren Feinden zur Ruhe gekommen waren, und als den Monat, in welchem ihr Kummer in Freude und ihre Trauer in einen Festtag verwandelt worden war; dass sie diese feiern sollten als Tage des Gastmahls und der Freude, an denen sie einander Geschenke machen und die Armen beschenken sollten. Und die Juden machten sich das, was sie zu tun angefangen hatten und was ihnen Mordechai vorgeschrieben hatte, zur Gewohnheit.

Ester 9:19-23
  1. Lesen der Tora.

Dieses Gebot finden wir nicht im Kontext zu Purim. Es ist aber grundsätzlich richtig, die Tora einfach immer zu lesen, wie es heißt:

Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du auf dem Herzen tragen, und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt oder auf dem Weg gehst, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst;

5.Mose 6:6-7
  1. Sagen des „Über die Wunder“ beim Gebet und beim Tischgebet.

Dies ist wieder eine rabbanitische Hinzufügung, die in der Bibel nirgendwo geboten ist. Sicher ist es nicht falsch, von Purim zu reden, aber es ist gewiss keine Sünde, dies nicht zu tun.

  1. Festmahlzeiten und Freude, „Seudat Purim“: Purim ist ein Tag, den Juden mit Essen und Trinken feiern. Im Zusammenhang muss man auch viel Wein trinken. Und dazu sagten die jüdischen Gelehrten: „Jeder muss so viel Wein trinken, bis er nicht mehr unterscheiden kann zwischen ‚Verflucht sei Haman‘ und ‚Gelobt sei Mordechai‘“ – möglichst viele „l’Chaims“ (Trinkspruch „Auf’s Leben!“) trinken und „Hamantaschen“ essen.

Wie wir oben schon gelesen haben, ist es für Purim tatsächlich geboten, dies zu feiern, sich zu freuen und Gastmähler zu veranstalten. Hamantaschen sind ein mittelalterlicher Brauch, der nicht geboten ist, aber sie schmecken tatsächlich sehr lecker. Sich zu besaufen widerspricht allerdings der Bibel und ist ein schwerer Bruch mit Gottes Wille. Sünde zu gebieten ist eine schwere Verfehlung der rabbanitischen Gelehrten an dieser Stelle. Teil dieses Gebotes ist es auch, dass kleine Kinder gerade in Chasidischen und Charedischen Kreisen in Israel mit den Erwachsenen mit saufen und sogar rauchen. Derartige Bräuche sind gewiss nicht Gott wohlgefällig. Über derartige Feiern sagt Gott selber durch einen Propheten:

Ich hasse, ich verachte eure Feste und mag eure Festversammlungen nicht riechen! Wenn ihr mir auch euer Brandopfer und Speisopfer darbringt, so habe ich doch kein Wohlgefallen daran, und das Dankopfer von euren Mastkälbern schaue ich gar nicht an. Tue nur hinweg von mir den Lärm deiner Lieder, und dein Harfenspiel mag ich nicht hören!

Amos 5:21-23

Paulus geht sogar soweit, Säufern das Heil abzusprechen, wie wir in seinen Briefen lesen können:

Wisst ihr denn nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Weichlinge, noch Knabenschänder, weder Diebe noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden das Reich Gottes erben.

Korinther 6:9-10

Offenbar sind aber die Werke des Fleisches, welche sind: Ehebruch, Unzucht, Unreinheit, Zügellosigkeit; Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Streit, Eifersucht, Zorn, Selbstsucht, Zwietracht, Parteiungen; Neid, Mord, Trunkenheit, Gelage und dergleichen, wovon ich euch voraussage, wie ich schon zuvor gesagt habe, dass die, welche solche Dinge tun, das Reich Gottes nicht erben werden.

Galater 5:19-21
  1. Verbot von Trauerreden und Fasten.

Dieses Verbot ist auch wieder nicht biblisch. Natürlich soll dieses Fest der Freude dienen, doch wenn jemand die Notwendigkeit zur Trauer oder zum Fasten hat, finden wir nirgendwo in der Bibel ein Verbot dafür.

Doch kommen wir zu weiteren Traditionen, die zwar nicht explizit im rabbanitischen Judaismus geboten, aber dennoch praktiziert werden.

Die Purimspiele kann man sich ähnlich einem kirchlichen Krippenspiel vorstellen. Mehrere Personen studieren die Geschichte aus dem Buch Ester ein und spielen es nach. Diese Tradition habe ich schon oft mit erlebt und halte sie für sehr schön. Es dient als gutes Werkzeug, die Geschichte kindgerecht weiter zu erzählen und zu verbildlichen.

Eine sehr weit verbreitete Tradition ist es, sich an Purim zu verkleiden. Hierfür werden dann sehr obskure Begründungen gefunden. Die gängigste Begründung ist, dass Gott im Buch Ester kein einziges Mal genannt wird, er sich also in dem Buch versteckt hielt, er aber dennoch anwesend war. Die Verkleidung solle dann dieses Verstecktsein Gottes symbolisieren. Die Tradition des Tragens von Kostümen und Masken hat ihren Ursprung jedoch sehr wahrscheinlich im Italien des 15. Jahrhunderts und geht auf die Tradition des römischen oder venezianischen Karnevals zurück. Von dort aus verbreitete sich der Brauch in Europa und in allen Ländern, in denen Juden lebten, außer bei den asiatischen Juden. Judah ben Eliezer ha-Levi Minz, ein venezianischer Posek aus dem 15. Jahrhundert, war der erste jüdische Gelehrte, der sich mit diesem Brauch befasste. In seiner Responsa No. 17 vertritt er die Meinung, dass die Maskerade nicht als Verstoß gegen das biblische Gesetz angesehen werden sollte, da der Zweck der Maskerade das Feiern ist. Der Ursprung des venezianischen Karnevals geht auf die Saturnalien der Antike zurück. Dies war ein heidnisches Fest und in Anbetracht dieser Sache rate ich ganz explizit von dieser falschen Maskerade ab.

So spricht JHWH: Lernt nicht den Weg der Heiden […]

Jeremia 10:2

Aber wie sollen wir denn dann Purim nun feiern? Nun, die Bibel ist doch deutlich darin! Laut dem Buch Ester sollen wir am 14. Adar das Purim-Fest feiern. Um dieses Fest zu feiern, sollen wir uns freuen, gemeinsam essen, einander beschenken und die Armen unter uns versorgen und ebenfalls beschenken. So einfach geht das und alles andere ist die Entscheidung des einzelnen Feiernden, wie er das Fest gestalten will. Viel kann, aber nichts weiteres muss getan werden.

Marana tha – unser Herr kommt! Hallelujah – gelobt sei Jah!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert