DIE ZERSTÖRUNG DES TEMPEL

Weshalb fasten Juden am „Tischa be Aw“ und weshalb geschieht dies nicht am „Schewa be Aw“ oder am „Eser be Aw“?

Am „Tischa be Aw“, dem 9. Tag des Monat Aw halten rabbanitische Juden für gewöhnlich einen Fastentag, um der Zerstörung des ersten Jerusalemer Tempels zu gedenken. Dies geschieht laut dem rabbanitischen Kalender dieses Jahr ab dem Sonnenuntergang vom Samstag, dem 06.08.22, bis zum Sonnenuntergang vom Sonntag, dem 07.08.2022. Nach der Mischna (Taanit 4:6), haben sich fünf Unglücke am neunten Aw ereignet, die das Fasten rechtfertigen:

  1. Dem Volk Israel wurde in der Wüste angekündigt, dass es noch 40 Jahre zu wandern habe.
  2. Salomons Tempel und das Königreich Juda wurden 586 v. Chr. von den Babyloniern unter König Nebuchadnezzar zerstört, und die Judäer wurden gefangen ins Exil nach Babylon verbannt.
  3. Der zweite Tempel wurde 70 n. u. Z. durch die Römer zerstört.
  4. Der Bar-Kochba-Aufstand gegen Rom schlug fehl, Schimon bar Kochba wurde 135 n. Chr. umgebracht und die Stadt Betar erobert.
  5. Die Stadt Jerusalem wurde 136 n. Chr. gepflügt, also dem Erdboden gleichgemacht.

Der Traktat Taanit sagt, dass die Zerstörung am 9. Aw begann und am 10. Aw endete. Außerdem sind folgende Dinge laut historischer Nachweise auch tatsächlich passiert:

  1. Der Bar-Kochba-Aufstand wurde 132 n. Chr. niedergeschlagen, Betar zerstört und über 100.000 Personen getötet.
  2. Turnus Rufus pflügte 133 n. Chr. das Areal des Tempels. Römer erbauten die heidnische Stadt Aelia Capitolina auf den Ruinen von Jerusalem.
  3. Papst Urban II. deklarierte den Ersten Kreuzzug. Der Kreuzzug brachte 1099 n. Chr. im Rheinland, in Frankreich und in Jerusalem Tausenden von Juden Tod und Zerstörung, bis zur totale Auslöschung.
  4. Juden aus England wurden, begleitet durch Pogrome und Beschlagnahme von Büchern und Besitz 1290 n. Chr. aus England ausgewiesen.
  5. Die Inquisition in Spanien und Portugal kulminierte in der Ausweisung der Juden von der Iberischen Halbinsel mit dem Alhambra-Edikt in 1492 n. Chr. Familien wurden getrennt, viele starben durch Ertränken und verloren Grund und Boden. Damit begann das Exil der Sephardim unter anderem nach Nordafrika. Am 3. August am Morgen nach dem Ablauf der Ausweisung, verlängert vom 31. Juli, segelte Kolumbus nach Amerika.
  6. Österreich-Ungarn erklärt Serbien 1914 n. Chr. den Krieg. Der Erste Weltkrieg begann und über 120.000 Gefallene in der Deutschen Armee waren Juden. Über 400 Pogrome unmittelbar nach dem Krieg in Ungarn, Ukraine, Polen und Russland.
  7. Die Deportationen vom Warschauer Ghetto in das Vernichtungslager Treblinka begannen 1942 n. Chr.
  8. Das Bombenattentat auf das Gebäude des Jüdischen Gemeindezentrum in Buenos Aires, Argentinien fand 1994 n. Chr. statt, wobei 86 Menschen starben und mehr als 300 verletzt wurden.

Und am siebten Tag des fünften Monats — das ist das neunzehnte Jahr Nebukadnezars, des Königs von Babel — kam Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, der Diener des Königs von Babel, nach Jerusalem, und er verbrannte das Haus JHWHs und das Haus des Königs und alle Häuser von Jerusalem, ja, alle großen Häuser verbrannte er mit Feuer. Und das ganze Heer der Chaldäer, das bei dem Obersten der Leibwache war, riss die Mauern von Jerusalem ringsum nieder. Den Überrest des Volkes aber, der in der Stadt noch übrig geblieben war, und die Überläufer, die zum König von Babel übergegangen waren, und den Überrest der Menge führte Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, hinweg. Doch von den Geringsten im Land ließ der Oberste der Leibwache Weingärtner und Ackerleute zurück.

2.Könige 25:8-12

Aber am zehnten Tag des fünften Monats, das war das neunzehnte Jahr des Königs Nebukadnezar, des Königs von Babel, kam Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, der vor dem König von Babel stand, nach Jerusalem, und er brannte das Haus JHWHs und das Haus des Königs und alle Häuser von Jerusalem nieder; und jedes Haus der Vornehmen verbrannte er mit Feuer. Und das ganze Heer der Chaldäer, das bei dem Obersten der Leibwache war, zerstörte alle Mauern von Jerusalem ringsum. Und einige von den Geringen des Volkes und den Überrest des Volkes, der in der Stadt übrig geblieben war, samt den Überläufern, die zum König von Babel übergegangen waren, und den Rest der Handwerker führte Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, gefangen hinweg. Aber von den Geringen des Landes ließ Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, einige als Weingärtner und Bauern zurück.

Jeremia 52:12-16

In fast gleichen Wortlaut erzählen der Autor des zweiten Königsbuches und Jeremia von der Zerstörung des Tempels und der Stadt Jerusalem, sowie der Verschleppung der Bevölkerung und dem Raub des Tempelschatzes. Doch in einem Detail unterscheidet sich die biblische Erzählung. 2.Könige beschreibt, dass dies am 7. Tag des fünften Monat Aw geschah, während Jeremia das Geschehen auf den 10. Tag des fünften Monat Aw verortet. Spannenderweise fand ich heraus, dass die rabbinischen Juden lehren, dass am 7. Aw die Stadtmauer durchbrochen wurde, die Stadt am 9. Aw in Brand gesetzt wurde, und das Feuer am 10. Aw zu Ende ging. Die Rabbiner bezeichnen das in Brand setzen des Tempels als die schlimmste Tat, weshalb sie am 9. Aw trauern und fasten. Da die Bibel diesen Tag nicht erwähnt, handhaben die Karaiten es so, dass manche am 7. oder am 10. Aw, oder sowohl am 7. Aw, als auch am 10. Aw, oder vom 7. bis 10. Aw fasten. Dies hat mich dazu ermutigt, diesen Artikel zu schreiben, und euch zu ermutigen, auch zu fasten und ins Gebet zu gehen. Dabei ist der Fokus heute nicht die tiefe Trauer, sondern dass die ersten zwei Tempel zwar zerstört wurden, ein neuer Tempel jedoch erbaut wird und dies uns eines Tages nicht zur Trauer, sondern zur Freude geschieht:

Und das Wort JHWHs der Heerscharen erging an mich folgendermaßen: So spricht JHWH der Heerscharen: Das Fasten im vierten und das Fasten im fünften und das Fasten im siebten und das Fasten im zehnten Monat wird dem Haus Juda zur Freude und Wonne werden und zu fröhlichen Festtagen. Liebt ihr nur die Wahrheit und den Frieden! So spricht JHWH der Heerscharen: Es werden noch Völker und die Bewohner vieler Städte kommen; und die Bewohner einer Stadt werden zu denen einer anderen kommen und sagen: »Lasst uns hingehen, um JHWH anzuflehen und JHWH der Heerscharen zu suchen! Auch ich will gehen!« So werden große Völker und mächtige Nationen kommen, um JHWH der Heerscharen in Jerusalem zu suchen und JHWH anzuflehen. So spricht JHWH der Heerscharen: In jenen Tagen wird es geschehen, dass zehn Männer aus allen Sprachen der Heidenvölker einen Juden beim Rockzipfel festhalten und zu ihm sagen werden: »Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist!«

Sacharja 8:18-23

Dies ist verheißungsvoll, denn dies wird endgütlig geschehen, wenn Personen aus den Heiden sich an den Quasten eines Juden festhalten. Wer soll dieser Jude sein, wenn nicht Jeschua, und wer sollen die Heiden sein, wenn nicht die Christen aus den Heiden??

Ich persönlich werde mir folgenden Psalm dabei zu Herzen nehmen:

An den Strömen Babels saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten. An den Weiden, die dort sind, hängten wir unsere Lauten auf. Denn die uns dort gefangen hielten, forderten von uns, dass wir Lieder sängen, und unsere Peiniger, dass wir fröhlich seien: »Singt uns eines von den Zionsliedern!« Wie sollten wir ein Lied JHWHs singen auf fremdem Boden? Vergesse ich dich, Jerusalem, so erlahme meine Rechte! Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich nicht an dich gedenke, wenn ich Jerusalem nicht über meine höchste Freude setze! Gedenke, JHWH, den Söhnen Edoms den Tag Jerusalems, wie sie sprachen: »Zerstört, zerstört sie bis auf den Grund!« Tochter Babel, du sollst verwüstet werden! Wohl dem, der dir vergilt, was du uns angetan hast! Wohl dem, der deine Kindlein nimmt und sie zerschmettert am Felsgestein!

Psalmen 137:1-9

Außerdem ist es, neben Jom ha Kippurim vermutlich einer der passensten Tage, sich auch bewusst darauf zu fokussieren, für Gottes Volk, die Sammlung der verlorenen und die Rückkehr des Messias zu bitten.

Und die Übriggebliebenen von euch, die sollen wegen ihrer Schuld dahinschwinden in den Ländern eurer Feinde; und auch wegen der Schuld ihrer Väter sollen sie mit ihnen dahinschwinden. Dann werden sie ihre Schuld und die Schuld ihrer Väter bekennen samt ihrer Untreue, die sie gegen mich begangen haben, und dass sie sich mir widersetzten, weswegen auch ich mich ihnen widersetzte und sie in das Land ihrer Feinde brachte. Und wenn sich dann ihr unbeschnittenes Herz demütigt, sodass sie dann ihre Schuld annehmen, so will ich an meinen Bund mit Jakob gedenken, und auch an meinen Bund mit Isaak und auch an meinen Bund mit Abraham, und ich will an das Land gedenken. Aber das Land wird von ihnen verlassen sein, um seine Sabbate zu genießen, indem es ohne sie verwüstet liegt; sie aber werden ihre Schuld büßen, eben deshalb, weil sie meine Rechtsbestimmungen missachtet haben und ihre Seele meine Satzungen verabscheut hat. Jedoch, auch wenn sie im Land der Feinde sein werden, so will ich sie nicht so verwerfen und sie nicht so verabscheuen, dass ich ein Ende mit ihnen mache oder meinen Bund mit ihnen breche; denn ich, JHWH, bin ihr Gott. Und ich will zu ihren Gunsten an meinen ersten Bund gedenken, als ich sie aus dem Land Ägypten herausführte vor den Augen der Heidenvölker, um ihr Gott zu sein. Ich bin JHWH. Das sind die Satzungen, die Rechtsbestimmungen und Gesetze, die JHWH auf dem Berg Sinai durch die Hand Moses gegeben hat, damit sie zwischen ihm und den Kindern Israels bestehen sollten.

3. Mose 26:39-46

Außerdem finde ich zu diesem Anlass auch das Gebet Daniels ganz wunderbar passend:

Und ich wandte mein Angesicht zu Gott, dem Herrn, um ihn zu suchen mit Gebet und Flehen, mit Fasten im Sacktuch und in der Asche. Ich betete aber zu JHWH, meinem Gott, und ich bekannte und sprach: Ach, Herr, du großer und furchtgebietender Gott, der den Bund und die Gnade denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote bewahren! Wir haben gesündigt und haben unrecht getan und gesetzlos gehandelt; wir haben uns aufgelehnt und sind von deinen Geboten und deinen Rechtsordnungen abgewichen! Wir haben auch nicht auf deine Knechte, die Propheten, gehört, die in deinem Namen zu unseren Königen, unseren Fürsten und unseren Vätern und zu dem ganzen Volk des Landes geredet haben. Du, Herr, bist im Recht, uns aber treibt es heute die Schamröte ins Gesicht, wie es jetzt zutage liegt, den Männern von Juda und den Bürgern von Jerusalem und dem ganzen Israel, seien sie nah oder fern in allen Ländern, wohin du sie vertrieben hast wegen ihrer Untreue, die sie gegen dich verübt haben. Uns, JHWH, treibt es die Schamröte ins Gesicht, unseren Königen, unseren Fürsten und unseren Vätern, weil wir gegen dich gesündigt haben! Aber bei dem Herrn, unserem Gott, ist Barmherzigkeit und Vergebung; denn gegen ihn haben wir uns aufgelehnt, und wir haben nicht gehört auf die Stimme JHWHs, unseres Gottes, um in seinem Gesetz zu wandeln, das er uns durch seine Knechte, die Propheten, vorgelegt hat; sondern ganz Israel hat dein Gesetz übertreten und ist abgewichen, sodass es auf deine Stimme gar nicht hören wollte. Darum hat sich auch über uns ergossen, was als Fluch und Schwur im Gesetz Moses, des Knechtes Gottes, geschrieben steht, weil wir gegen Ihn gesündigt haben. Und so hat er seine Worte ausgeführt, die er gegen uns und unsere Herrscher, die über uns regierten, ausgesprochen hat, dass er großes Unheil über uns bringen wolle, wie es unter dem ganzen Himmel noch nirgends vorgekommen und wie es nun wirklich an Jerusalem geschehen ist. Genauso, wie es im Gesetz Moses geschrieben steht, ist all dies Unheil über uns gekommen; wir aber suchten das Angesicht JHWHs nicht dadurch zu besänftigen, dass wir uns von unseren Sünden abgewandt und auf deine Wahrheit geachtet hätten. Darum hat auch JHWH darüber gewacht, das Unheil über uns zu bringen; denn JHWH, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er getan hat, da wir nicht auf seine Stimme gehört haben. Nun aber, Herr, unser Gott, der du dein Volk mit starker Hand aus dem Land Ägypten herausgeführt hast und dir einen Namen gemacht hast bis zum heutigen Tag: Wir haben gesündigt, wir haben gottlos gehandelt. O Herr, lass doch um all deiner Gerechtigkeit willen deinen Zorn und Grimm sich abwenden von deiner Stadt Jerusalem, von deinem heiligen Berg! Denn wegen unserer Sünden und der Missetaten unserer Väter ist Jerusalem und dein Volk allen seinen Nachbarn zum Gespött geworden. So höre nun, unser Gott, auf das Gebet deines Knechtes und auf sein Flehen und lass dein Angesicht leuchten über dein verwüstetes Heiligtum, um des Herrn willen! Neige dein Ohr, mein Gott, und höre; tue deine Augen auf und sieh unsere Verwüstung und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist! Denn nicht um unserer eigenen Gerechtigkeit willen bringen wir unsere Bitten vor dich, sondern um deiner großen Barmherzigkeit willen! Herr, höre! Herr, vergib! Herr, achte darauf und handle und zögere nicht, um deiner selbst willen, mein Gott! Denn nach deinem Namen ist deine Stadt und dein Volk genannt!

Daniel 9:3-19

Traditionell lesen rabbinische und karaitische Juden die Klagelieder Jeremias an diesen Tagen, die ja genau von diesem Unglück sprechen. Eine jüdische Übersetzung findet man HIER, und eine Fassung von christlichen Übersetzern findet man HIER.

Außerdem ist Tischa be Aw das Ende einer dreiwöchigen Trauerzeit. Mehr dazu findet man HIER.

In diesem Sinne, verbunden in Jeschua, wünsche ich euch allen den ein leichtes Fasten, sowie Schalom und Segen JHWHs!

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